"Ich weiß.."
sie nickte langsam.
"Vielleicht sogar besser als alle anderen,
denn.. eine meiner Mittbewohnerinnen sagt immer:
Wenn das Licht aus ist und sie neben dir im Bett liegen,
dann sind alle Männer gleich."
sie sah in seine Augen und strich über seine Wange.
"Du hättest es wohl verdient, dort oben zu liegen.."

Luke sah zur Seite.
"So ein Unsinn.
Ich hab gar nichts verdient."
Er sagte es nicht verbittert,
sondern ganz nüchtern.
Seine Mundwinkel zuckten erst nur verdächtig,
dann musste er aber doch lächeln.
Unter der letzten Laterne vor dem Eingang blieb er mit ihr stehen.
"Da sind wir. Du solltest jetzt gehen."
Er haderte sichtlich mit sich,
beugte sich dann aber doch zu ihr hinunter,
um sie zu küssen. Kurz, aber sanft.
"Gute Nacht.", raunte er, ehe er zurücktrat.

Unter einer Laterne entdeckte er sie,
gar nicht weit entfernt vom Portal
des Hotels. Vertraut standen sie da
und nah beieinander.
Und dann wagte der Bengel es auch noch,
sie zu küssen. Wie ein Taschendieb,
ein Straßenräuber, irgendein dahergelaufener
Bastard sah er aus.

"Luke?" sie hatte sich schon weg gedreht um zu gehen,
doch dann drehte sie sich noch einmal zu ihm um.
Ihr Gesicht war fröhlich, strahlend und sie lachte.
"Es war ein wunderschöner Tag und ein noch schönerer Abend!
Vielen Dank!"
Gut gelaunt drehte sie sich zum Hotel und betrat es.
Sicher schlief ihr Begleiter schon..
naja sie war ja offiziell mit Andrew zusammen gewesen.. oder so

Luke sah ihr noch nach,
aber das Lachen auf ihrem Gesicht
schickte auch sein Lächeln nicht fort.
Er griff in seine Jackentasche und
holte sich die Gedrehte von vorhin raus,
um sie anzuzünden.
Erleichterung machte sich in ihm breit,
als er den bläulichen Rauch ausatmete
und er schloss kurz die Augen.
Eine Weile stand er noch da,
auch, als sie längst im Hotel verschwunden war.

Schlafen?
Pustekuchen!
Hales saß aufrecht im Sessel,
ein Buch im Schoß, als Lily hereinkam.
"Guten Abend. So spät noch unterwegs?"
Seine Stimme klang schneidend.
Aber nicht so kalt wie die von Andrew,
wenn er wütend wurde. Auch nicht knurrig wie Luke.
Eher fies, irgendwie. Und gekränkt.
Sein Stolz war gekränkt.
Die H*** küsste einen Straßenjungen und
kam danach viel zu spät auf sein Zimmer.

"Ähm. guten Abend." meinte sie leise und lächelte etwas,
räusperte sich dann und strich sich eine Locke ihres offenen Haares hinters Ohr.
"ich dachte, sie schlafen schon Sir.
Der..junge Lord hat mich doch länger aufgehalten als erwartet."
so ganz wusste sie nicht, was sie sagen sollte

Was für eine Heuchlerin!
"Der junge Lord? Ha, das wüsste ich aber!
Wer weiß, wie lange du dich von dem schon
wieder getrennt hattest..es hatte mich ohnehin
gewundert, dass er dich einlud.."
Hales stand auf, trat ans Fenster.
Luke stand noch immer da an der Ecke,
rauchend und Löcher in die Luft starrend.
Zwar hatte er ihnen den Rücken zugewandt,
aber Hales war sich sicher, dass es noch
der gleiche Kerl war.
"Das ist jedenfalls nicht Lord Andrew.
Wenn du ihn geküsst hättest
und dich mit ihm so spät rumtreiben würdest,
würde ich sehr wütend werden, Lily.
ABER SO EINER?"
Er rang nach Luft.
"Ich bezahle dich dafür,
dass du hier bei mir bist.
Du darfst schöne Kleider tragen,
dir die Stadt anschauen
und kannst guten Wein trinken
und feines Essen haben, so viel du willst..
sogar in den Palace bin ich mit dir gegangen!
Und wie dankst du es mir?"
Eine Vase zerbarst in viele kleine Teile auf dem Boden,
als er sie gen Teppich schmetterte.
Die Rosen verteilten sich auf dem feinen, gewebten Muster.
"Indem du dich mit Straßengesindel herumtreibst!"
Seine Stimme war rasch lauter und bedrohlicher geworden.
Hales war kein Mann, der in dieser Verfassung
noch besonders respektwürdig wirkte.
Abstoßend schien er auf einmal, sein Ton wurde ungewöhnlich hoch
und die Adern an seinem Hals pulsierten, sein Kopf wurde ganz schrecklich rot.
Er war kein großer Mann und fast sah es so aus,
als wolle er aus Trotz aufstampfen,
was das ganze etwas ins Lächerliche zog.
Sein Gesicht jedoch gab dem Ganzen wieder den nötigen Ernst.
"DU BILLIGE H*** DU HÄTTEST ALLES VON MIR KRIEGEN KÖNNEN."
Er kam jetzt zu ihr, trat dicht vor sie.
Der Deal, der für den heutigen Nachmittag geplant gewesen
war, war geplatzt. Er hatte getrunken, auf sie gewartet, noch mehr getrunken.
Sein Atem roch nach Schnaps. Teurem, aber viel davon.
"Willst du dich gar nicht verteidigen?"
Er packte sie am Arm.
Obwohl schmächtig,
verfügte er durchaus über sehr viel mehr Kraft als die schmale Lily.
"Wer ist der Bastard, hm?
Wie heißt er?"
Er sah noch einmal raus.
"Erschießen sollt ich ihn!
UND DICH VIELLEICHT GLEICH MIT DAZU!
Du hast sehr viel mehr Geld gekpstet, als du wert bist."
Hales spuckte ihr vor die Füße.
Da war so viel Wut in ihm und jetzt konnte er sie endlich loswerden,
die ganze Frustration. Und Lily bekam alles ab.

Er hatte sie gesehen?
Lily wurde bleich und sie hatte merkte,
wie die Angst in ihr hochstieg.
Sie kannte wütende Männer und sie war unsicher,
weil sie ihn nicht gut genug kannte,
um ihn einschätzen zu können.
Er würde Luke doch nichts tun... oder?
Nur diese Drohung am Ende bewahrte sie davor,
selbst ausfallend zu werden.
"Es tut mir Leid, wenn.. ich euch nicht zufriedenstellen konnte."
Jetzt war sie froh,
dass sie ihre Sachen nicht wirklich ausgepackt hatte.
Nur ein paar der Kleider,
damit sie nicht knitterten, darunter auch das schöne von Andrew..
Wenn er sie rauswarf musste sie auf jeden Fall die Kleider mitnehmen,
sie waren ihr einziges Kapital.
"Der Bursche er.. er ist niemand." es tat weh, als sie es aussprach.
Jetzt verleugnete sie Luke sogar noch..
"Ein junger Bursche, der mir den Heimweg gezeigt hat...
Ich hab mich nur.. bei ihm bedankt, mit einem flüchtigen kleinen Kuss."
Natürlich war es mehr gewesen, sie hatten gelacht, zährtliche Gesten und Blicke waren da gewesen,
doch Lily hoffte, die Straßenbeleuchtung war zu schlecht,
um das alles preis zu geben.

"Was für eine schlechte Lügnerin du bist."
Hales lachte fast höhnisch.
"Weißt du, man sollte meinen,
dass eine wie du es besser können sollte.."
Er ließ von ihr ab,
um sich noch ein Glas von seinem Brandy zu gönnen.
"Ob du mich nicht zufriedenstellen konntest.."
Hales knallte das Glas wieder auf den Tisch.
"Scheiße, es geht hier nicht um Sex,
verstehst du? Es geht darum,
dass du mich HINTERGANGEN hast.
WIR HABEN EINEN VERTRAG.
Ich zahle Geld und du bleibst bei mir.
Ist es denn so schwer,
seine Röcke beisammen zu halten
UND DIE BEINE NICHT FÜR JEDEN DAHERGELAUFENEN
BASTARD ZU ÖFFNEN?"
Angeekelt betrachtete er sie,
wie man sonst nur ein Insekt oder einen Pestkranken ansah.
"Weißt du was?
ES IST MIR VERDAMMT NOCH MAL EGAL, WER ER IST."
Einen Moment lang dachte er offensichtlich nach,
was er tun wollte. Er legte den Kopf schief,
berührte kurz ihre Wange.
Fast eine liebevolle Geste -
doch dann packte er sie am Haar,
fest und grob, zog richtig daran,
um sie an seine Brust zu holen.
"Der Junge sollte sich lieber verP****n, Mädchen."
Er hatte Mühe, nicht zu lallen.
Wäre er nicht so betrunken,
er hätte sie wohl schon grün und blau geschlagen.
"DU SOLLST DICH VERP****N."
Er schrie es ihr ins Gesicht.
Aber was er danach sagte,
war viel härter und herablassender und er sagte es leise:
"Du billiges Flitt**** kommst mir nie wieder unter die Augen,
oder ich vergesse mich."
Doch Hales ließ sie noch nicht los.
Er dachte darüber nach, sich noch einmal das von ihr zu holen,
wofür sie ihr Geld schon im voraus bekommen hatte,
aber er wollte sich nicht weiter mit ihr beschmutzen..

Schnell lief sie ein paar Schritte von ihm weg,
als er ihr Haar endlich wieder losließ,
wobei ein Teil davon in seiner Hand zurück blieb.
Schnell raffte sie ihre Sachen zusammen und stopfte alles in ihre Koffer.
Schminke, Kleider, Haarspangen, Schuhe.
Diese Sachen machten sie schön, machte ihre Arbeit überhaupt erstmal möglich...
Seine Worte verletzten sie, aber sie zeigte keine Tränen,
das hatte sie schon lange verlernt.
"Nur damit du es weißt du.. widerlicher Säufer:
Lord Andrew hat mich heute eingeladen,
weil ich ihm in Camebridge regelmäßig die Nächte versüße...
oh und er ist ein sehr viel besserer Liebhaber als sie Sir"
Schmetterte sie ihm entgegen, nachdem sie seine Sachen eingesammel hatte.
Nur den Kamm hatte sie vergessen, schnell nahm sie ihn sich noch und wollte dann schnellstmöglich zur Tür

Das war zu viel!
"WIE KANNST DU ES WAGEN...!"
Hales erwischte sie noch,
packte sie am Handgelenk.
Als sie sich wieder zu ihm umdrehte,
schlug er sie so hart ins Gesicht,
dass es knallte.
Sie prallte gegen die Tür,
aber er hielt sie nicht auf,
als sie aus dem Zimmer eilte.
Er tat auch nichts,
als er sah, dass der Bursche
wohl auf den Lärm aufmerksam geworden
und ins Licht der Laterne getreten war.
Er sollte noch eine ganze Flasche leeren in dieser Nacht
und das halbe Zimmer auseinandernehmen.
Erst am nächsten Morgen würde ihn das Zimmermädchen
auf dem Teppich schlafend auffinden.

Luke sah hoch und einen Moment lang trafen
sich die Blicke der beiden Männer.
Im nächsten Moment kam Lily aus dem Hotel.

Bepackt war sie wie ein Lastesel,
eines der Kleider hing halb aus dem Koffer,
der nur halb zu ging, weil sie alles hineingeschmissen hatte,
was sie gefunden hatte.
Tränen standen ihr jetzt doch in den Augen.
Der Schlag war hart gewesen und hallte jetzt noch in ihrem Kopf wieder.
ein kleines Blutgerinsel führte über ihr Kinn,
aus der Lippe heraus, und langsam verfärbte sich die Haut im ihren Mundwinkel und die Wange etwas.
Sicher würde es noch dick werden.
"Luke... bist du.. oh du bist noch da! Ein Glück."
sie hatte auch unter dem Arm noch Sachen geklemmt.
"Er..er hat uns gesehen.
Schnell, lass uns etwas weiter gehen..
Er ist betrunken aber... ich weiß nicht, was er noch tun wird."

"Er..er hat..was..?!"
Scheiße.
Luke sah hastig noch mal nach oben,
griff dann aber nach den Sachen,
verbot sich, sie noch näher anzuschauen..
übel sah das in ihrem Gesicht aus.
"Er hat dich geschlagen?"
Mehr Feststellung als Frage.
"Dieses miese Arschloch..
und jetzt setzt er dich vor die Tür oder was?"
Er hätte auch sagen können:
Es tut mir Leid.
Aber er tat es nicht;
er machte sich nur Sorgen und regte sich auf.
Und lief voraus, sich umsehend.
Erst einige Gassen weiter hielten sie kurz an.
Er stellte die Sachen ab,
trat dann zu ihr, um sich die Wunde anzuschauen.
"Das sieht nicht gut aus..wird blau.."

Sie lief hinter ihm her,
er würde den Weg schon wissen.
Sie war einfach froh weg zu sein.
Irgendwie war es gut so, wie es gekommen war.
"Ja.. wird es wohl.
Aber keine Angst, ich bin kein kleines Mädchen aus gutem Haus,
ich bin schon oft geschlagen worden..
und auch schon schlimmer"
sie spuckte etwas Blut aus.
"Hilfst du mir die Sachen zu packen..?
Ich hab einfach alles zusammengerafft."

Luke blieb nichts anderes übrig,
als ihr das zu glauben.
Leider Gottes glaubte es ihr
ohne lange darüber nachzudenken.
Sie war eine H***.
Wenn Freier schlechter Laune waren,
schlugen sie ihre H***.
Wenn sie sich betrogen fühlten..
schlugen sie ihre H***.
Er versuchte, den Gedanken abzuschütteln und nickte,
half, rasch alles zusammenzuklauben,
den Koffer zu schließen.
Dann schulterte er ihn.
"Da du keinen hier kennst..
nehme ich an, du weißt nicht,
wo du heute Nacht jetzt bleiben sollst,
nach dem ich dir den feinen Herrn vertrieben habe.."
Nun klang er doch etwas zerknirscht.
"..schlage ich vor, dass du bei mir bleibst.
Zumindest bis morgen."
Und er führte sie wieder zurück zu seiner Kammer
in dem Haus, das so hoch war, das man von seinem
Dach aus die Sterne und halb London sehen konnte.
"..tut es sehr weh?"

Sie ertappte sich dabei, dass sie schlichtweg davon ausgegangen war,
dass sie bei ihm bleiben konnte.
"Ich.. weißt du, eigentlich bin ich froh,
dass alles so gekommen ist...
es war schwer mich von dir zu trennen."
Lily wusste garnicht was sie sagen sollte.
"Ich will dir aber keine Umstände bereiten.
Ein bisschen Geld hab ich noch,
irgendwo komm ich schon unter..
ich meine.. wird schon gehen.
Du willst sicher deine Ruhe.."
Das schlimme war, dass sie nicht in seiner Schuld stehen wollte.
Sie wollte es nicht, weil sie Ansgt hatte,
dass sie sich dann gezwungen sah sich zu revangieren,
und das..nun.. wie sie es auch mit ihren Freiern tat.