"Wieso nicht?
Ich habe schon größere Schlampen
zu kleinen Damen gemacht.",
erwiderte sie unbeeindruckt.
"Schönes Haar hast du ja,
aber du bist zu dünn.
Und wehe dir, du klaust etwas.
Dann bist du schneller in der Cam,
als es dein Chef geschafft hätte.."

"Oh, jetzt hab ich aber Angst!"
Was bildete sich diese Frau eigentlich ein?
Genervt rutschte Lily auf der Sitzbank hin und her, legte schließlich die Füße hoch.
"Ich weiß, dass ich schön bin, danke!
Wäre ich es nicht, dann würde ich jetzt kaum hier sitzen, oder?"

Sie lachte abfällig.
"Die Wege der Männer
sind unergründlich, Kind..
ihre Vorlieben auch manchmal.
Wie alt bist du eigentlich?"

"Alt genug..." murrte sie und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht.
"Ich bin fast 17...
und bisher immer gut ohne Musizieren und anderem Blödsinn ausgekommen."

Die Dame hob eine Braue.
"Ich will gar nicht wissen,
womit stattdessen.."
Sie schüttelte entrüstet den Kopf.
"Wir werden dir Kleider kaufen müssen.
Grün wäre schön. Oder braun."

Grinsend zuckte Lily mit den Schultern.
"Naja, der Unterschied ist nicht so groß,
ob Hofdame oder Hure, oder?
Außer, dass ich mein Handwerk auch wirklich verstehe."
Was waren Hofdamen den schon?
Sie hatte das nie wirklich verstanden.
"Aber Kleider kaufen.. nun klingt gut.
Aber nicht braun.. rot vielleicht."

"Ich verbitte mir derartige Aussagen."
Die Frau überschlug ihre Beine und
sah aus dem Fenster.
"Wir werden sehen,
was wir für dich finden."
Den Rest der Fahrt über
schwieg die Dame.
Das Balg war unmöglich.

Lily starrte aus dem Fenster und als Cambridge in Sicht kam wurde sie etwas nervös.
Andrew hatte alles geregelt.. hoffentlich.
Aber sie war wieder zu Hause.
"Home, sweet Home.." flüsterte sie vor sich hin und musste lächeln.
"Und wohin jetzt? Gleich zum Lord?"

"Gott bewahre..nein.."
Sie schüttelte bestimmt den Kopf.
"Wir gehen in die Stadt und
lassen dir ein Kleid anpassen.
So gehst du mir nicht in den Palast."
Sie wies den Kutscher an,
in die Phlinnroad zu fahren,
wo es die feinsten Stoff-
und Kleidergeschäfte gab.

Unauffällig roch Lily an ihrem Haar.
Sie roch noch immer etwas nach Stall.
Aber gut, dann würden sie erst einmal nach einem Kleid schauen.
Ein schönes Kleid war schließlich immer gut.
"Gut, dann zuerst ein Kleid.
Ich fürchte nur ich werde mehr als eines brauchen."
sie lächelte zuckersüß.
Kleider waren schließlich etwas tolles

"Keine Sorge. Ich weiß schon, was ich tu.."
Auch sie schnupperte jetzt an dem Balg.
"..ich denke nur, wir müssen ins Badehaus,
ehe wir dich einkleiden."
Und schon verließen sie die Straße wieder.
"Du stinkst wie ein Pferd."

"Könnte daran liegen, dass ich die letzten Nächte neben einem Pferd verbracht hat.
Lily schnaubte verächtlich.
"Aber gut, ein Bad würde mir vielleicht ganz gut tun."
sie fürchtete schon, dass die resolute Hofdame sie von oben bis unten durch schrubben würde.
"Das kann ich aber auch alleine." merkte sie vorsichtshalber an.

"Werden wir ja sehen."
Sie ging mit Lilly in des beste
Badehaus der Stadt.
Camebridge hatte sich nicht verändert;
auch nicht die hochnäsigen Damen,
die in seinen Badehäusern zu
lästern, baden und murren gewohnt waren.
Es dauerte nicht lange (aber einige
Scheine extra), bis auch die junge Miss
in einer Badewanne saß.
Miss Wigston ließ feine Seifen holen
und eine Bürste.
"Kämm dir bloß das Haar.
Du sollst gepflegt aussehen.."
Sie schüttelte den Kopf.
"Im Pferdestall..!"

"Keine Angst, ich weiß mich durchaus zurecht zu machen.
Allerdings ist es deutlich schwerer, wenn einem die Mittel dazu fehlen."
Einen Augenblick lang vergass sie, dass sie eigentlich zickig und biestig sein wollte
und genoss das warme Wasser, tauchte kurz unter und strich sich durch das nasse Haar.
Baden war etwas himmliches und eindeutig das, was sie am meisten vermisst hatte.
Auch die Seife war etwas ganz anderes als harte Kernseife.
Sie roch leicht und sehr gut, Lily konnte nicht ganz ausmachen nach was.
Zuerst hatte sie das Bedürfnis sich lange Zeit einfach nur ins Wasser zu legen,
aber sie wollte Miss Wigston ja nicht völlig auf die Palme bringen.
Also wusch sie sich ordentlich und verbrachte nur eine ganze Weile damit den Dreck unter ihren Fingernägeln zu entfernen.

"Ja..schon besser", meinte die Frau gnädig.
Sie wies zwei Mädchen an, Lillys langes Haar
zu trocknen und zu flechten.
"Ganz schön blass bist du unter all diesem Dreck..
sehr gut." Sie sah fast zufrieden aus.
"Raus aus dem Wasser mit dir.."
Es ging wie bei einer Viehbegutachtung zu:
Mis Wigston betrachtete abschätzend
den nackten Körper des Mädchens.
Schließlich nickte sie und
sie durfte sich wieder anziehen.