Robin hielt in der Bewegung inne - und überlegte es sich anders. Er kam wieder ins Zimmer, die Füße wieder auf dem Boden, den Rücken gegen das Fensterbrett gelehnt. Das ließ er sich doch nicht gefallen! "Ich habe dich niemals zu etwas gezwungen, Marian. Hab ich nie! Würde ich niemals tun! Und überhaupt, wieso sollte ich..ich meine..lächerlich. Wie vielen Mädchen ich schöne Augen gemacht habe? Marian, das Thema hatten wir schon.." Er holte tief Luft, aufgebracht wie er war. "Keiner kennt mich besser als du.. verdammt noch mal, wie kommst du darauf, mir so etwas vorzuwerfen?" Es war sehr schwer, seine Stimme unten zu halten. "Ja..man sollte meinen, du würdest mich kennen. Aber du tust es nicht." Die Enttäuschung war deutlich in seiner Stimme zu vernehmen; ebenso, dass sie ihn verletzt hatte mit ihren Worten. "Ich weiß ja noch nicht einmal, was ich in deinen Augen falsch gemacht haben soll." Er schüttelte den Kopf.
Sie hatte die Beine angezogen und sah sehr verletzlich aus. Einmal, als sie von einem Baum gefallen war, da hatte sie auch so ausgesehen, mit Tränen in den großen Augen und die Nase leicht schniefend hochgezogen, damit ja niemand merkte, wie nah sie daran war zu weinen. "ich dachte ich kenne dich! Ich kannte einen Robin, der vor 3 Jahren verschwunden ist. Und vor mir steht ein Mann! Mit Gelüsten, wie sie jeder Mann hat. Du hast es doch selbst gesagt! Wieso küsst ein Mann eine Lady denn sonst? Nur um sie ins Bett zu kriegen"
Er fasste sich an die Stirn. "Oh Marian." Robin zögerte, kam er aber dann zu ihr zurück. "Wir sind beide erwachsen geworden, nicht wahr?" Er berührte ihren Rücken. "Ich saß schon mit dir auf dem Bett, falls du das vergessen hast.." Aber mit mehr Ernst in der Stimme sagte er: "Das meinte ich nicht. Nein, das meinte ich wirklich nicht." Aber sie konnte ihn auch nicht dazu zwingen, zu sagen, was er gemeint hatte..
"Wie könnte ich das schon vergessen." Siene Berührung war ihr auf einmal unangenehm, er machte ihr Angst. Nicht so viel Angst wie Guy of Guisborne, oder so manch andere adlige Herr, der sie mit seinen Blicken auszog, doch es war doch allen in allem immer das Selbe "Doch du bist ein Mann, ein erwachsener Mann. Die Männer, die ich kennen lernte, waren alle nur auf eine Sache aus."
Er zog den Arm zurück, wusste nicht so recht, was er jetzt tun sollte. Was sollte er darauf sagen? Robin schüttelte nur den Kopf. "Schlaft gut, Lady Marian FitzPatrick." Die Schultern hängend trotte er durch das Zimmer und zurück zm Fenster.
Nach so einem Kuss? Oh nein. Sie wusste wirklich nicht, was sie wollte. Aber das war nicht sein Problem. Nicht hier, nicht jetzt. "Ein Kuss, nachdem ich mich hab beschimpfen lassen? Nein danke. So einen Kuss wird es anscheinend ja nicht wiedergeben. Und ich denke, wenn du nicht mal mehr meine Gegenwart ertragen kannst.. was sonst doch immer Recht gut ging, dann.. halte ich es für besser, dass ich erst mal nicht wieder komme.", sagte er leise und tonlos. Das würde er so schnell nicht vergessen. Robin hob die Schultern an, wollte etwas sagen - ließ es dann aber bleiben. "Es..tut mir Leid. Nicht um den Kuss. Weil ich dich geküsst habe, weil ich dich.." Er verstummte, die Hände zu Fäusten geballt. "Es tut mir Leid, dass du drunter leiden musstest. Es wird nicht wieder vorkommen.. natürlich nicht. Wann und wie auch?" Er presste die Lippen hat aufeinander.
Das tat weh! merkte er denn nicht wie sehr er ihr weh tat? Männer von Adel mit einem edlnen Benehmen kannte sie keine mehr. Es schien als sei mit ihrem Vater der letzte gestorben. Die Männer die sie kannte behandelten sie wie eine Zuchtstute. Ein Tier, das seinem Besitzer viel Geld und Ländereien einbrachte und die zudem noch einen lieblichen Körper hatte. Sie hatte gedacht er wäre anders! Aber seine Worte, die sie ohne es zu wissen so falsch gedeutet hatte, hatten sie sehr verletzt "Weil was? weil du mich was RObin? Weil du mich einemal mehr alleine zurücklässt nach einem Kuss? das wäre ja nichts neues!"
"Marian, was willst du eigentlich? Ganz ehrlich? Wenn ich dich küsse, ist es falsch. Wenn ich bleibe, ist es falsch. Wenn ich gehe, aber auch.." Er hob beide Hände, wild gestikulierend. "Egal, was ich tu, ich werd es dir eh nicht rechtmachen können.." Und er wünschte sich, nur einen Moment lang, sie nicht wiedergefunden zu haben. Nicht zurückgekehrt zu sein, jetzt noch zum Kämpfen, zu baden in Ruhm.. aber nein, selbst das wäre nicht besser. "Warum wohl sollte ich dich küssen? Warum küssen Leute sich, Marian? Weil sie sich mögen. Weil sie sich...lieben." Das Wort kam ihm schwer über die Lippen, aber dann war es raus. Er hatte es nicht sagen wollen, aber sie hatte es ja geradezu herausgefordert. "Wie die Kinder. Die Kinder verteilen Küsse an die, die sie mögen." Robin verdrehte die Augen. "Natürlich habe ich dich geküsst, weil ich dich mag. Aus den gleichen Gründen, aus denen ich dich geküss habe, bevor ich ins Heilige Land aufgebrochen bin. Und ja, ich gebe es zu - ich fand es damals verdammt nochmal unglaublich aufregend, in den Krieg ziehen zu dürfen. Meine Brust war doppelt so breit vor stolz. Ich war leichtsinnig, dumm, naiv. Ich hab dich allein gelassen, das weiß ich. Das tut mir Leid. Es war nicht richtig. Es hätte jetzt ganz anders sein können.. unsre Eltern wäen noch da..wir.. wer weiß, vielleicht hätten wir geheiratet, irgendwann und.." Er betrachtete einen Moment lang seine Hände. "Oh Marian..bitte lass nicht zu, dass uns wieder irgendwas trennt. Das halt ich nicht aus." Ganz leise.
Es überraschte sie. Seine Worte und das er es auch wirklich sagte. Hatte der freche kleine Junge gerade gesagt, dass er sie liebte? Der Robin, der sie früher mit Fröschen geärgert hatte, die er im Sumpf gefangen hatte? Er war zweifelos ein Mann geworden.. Ihr Herz schien einen Moment lang vergessen zu haben, dass es schlagen musste. Sekunden wurden zu Minuten, Minuten zu Stunden. Sie sah ihn an und ihre Lippen formtensich ganz langsam zu einem glücklich verliebten Lächeln "Nein du..hättest nie gehen dürfen, aber wer weiß was geschehen wäre Robin. Vielleicht war es gut.. gut, damit wir erwachsen werden können."
Als er den Kopf hob, lächelte sie. Er erwiderte das Lächeln schief, bemühte sich wieder um Fassung. Gott nochmal, er machte sich hier wirklich lächerlich... Schließlich zuckte er mit den Schultern. "..vielleicht.", stimmte er ihr zu. Sein Blick lag nachdenklich auf ihr. Was hieß das jetzt? Dass sie ihm nicht mehr böse war? Oh, wie blöd er doch war. Nichts als Marian im Kopf. Man würde ihn übermorgen am Galgen hängen, wenn er das nicht abschütteln konnte.. er würde Fehler machen und Unsinn veranstalten und.. alle zählten auf ihn. Er straffte den Rücken und fuhr sich über die müden Augen, ohne aber dein Blick von ihr abzuwenden - ohne etwas zu sagen.
Sie strich sich etwas hilflos die Haare zurecht, die bei der Kissenschlacht ihre Form verloren hatten. Langsam und versunsichert stand sie auf. Schritt für Schritt kam sie näher zu ihm. Er war größer als sie, mehr als einen halben Kopf. Sie erinnerte sich an die Zeit, als sie größer war. Es hatte ihn immer geärgert, bis er mit 15 einen Wachstumsschub hatte. So viele Kindheitserinnerungen. Und dann der freche Kuss... Ihre Finger tasteten nach der Kette. Eine so schöne Erinnerung. Aber er hatte recht, dieser Kuss war anders gewesen, es war kein jugendlicher Unsinn gewesen. Sie blieb vor ihm stehen und sah ihn an, sah ihm lange in die Augen und versuchte zu erkennen, ob er es wirklich ehrlich meinte. Liebe... sie hatte niemals erwartet Robin von so etwas reden zu hören. "Ich hab dich vermisst. Ich hatte schreckliche Angst. Aber weißt du... ich hatte manchmal mehr Angst, dass du dich in eine fremde Frau verliebst, als das du nie wieder zurückkommst."
Lachend lief das kleine Mädchen durch das Hohe Gras. Ihre Zöpfe flogen hinter ihr im Wind. „Du schaffst das nicht Robin, ich bin viel schneller als du“ Lachend drehte sie sich zu dem Jungen um, der hinter ihr herlief. Es war ein wirklich schöner Frühlingstag. Die Vögel in den Bäumen zwitscherten und die Bäume hatten schon zu blühen angefangen. „Na warte ich krieg dich noch!“ rief der Sechsjährige grinsend und lief schneller. „Nein gar nicht!“ Marian lachte und sah wieder zu ihm um. Leider sah sie nicht mehr auf ihre Füße, so kam es, dass sie an einer Baumwurzel hängen blieb. „Ahhhh“ mit einem Schrei viel sie zu Boden und schlug sich das Knie auf. „Auaa…“ Tränen stiegen ihr in die Augen und sie schniefte. Ihre Unterlippe bebte und schließlich fing sie an zu heulen. „Das tut weh, auaaa“ mit 5 Jahren war die Kleine noch bei weitem keine Dame, sie heulte Rotz und Wasser. Robin war stehen geblieben und sah zu ihr runter. „Zeig mal.. oh das blutet ja.. warte ich helf dir.“ Mit einem Taschentuch wischte er ihr die paar Blutstropfen vom Knie und dann ihre Tränen ab. „Wein nicht mehr, so schlimm ist es gar nicht.“ Schmollend sah das Mädchen ihn an „Doch es tut total weh! Das ist alles nur deine Schuld!“ Seine Augen wurden groß. „Nein gar nicht! Ich kann da nichts dafür!“ Er seufzte genervt und strich sich durch die Haare „Du bist so eine Heulsuse Marian! Jetzt komm, gehen wir heim, es gibt sicher bald Mittagessen!“ Marian schüttelte den Kopf „Nein das tut so weh, ich kann gar nicht aufstehen!“ Er rollte mit den Augen und half ihr aufstehen. „Sonst bist du immer viel mutiger. Komm schon, ich hab Hunger“ Wie nervig dieses Mädchen doch war.. aber sie war seine Freundin, er konnte sie schlecht hier alleine lassen. „Komm das geht schon.“ Trotz aller lieben Worte schüttelte sie den Kopf. „Es tut weh Robin, mach das das aufhört…“ Was sollte er denn groß machen..? „Na gut“ murmelte er und küsste sie sanft auf die Lippen. „ist es jetzt besser?“ Ihre Wangen waren leicht rosa geworden und sie nickte „Ja ist besser, danke“
Marian musste lächeln bei der schönen Erinnerung. Ihr erster Kuss…
Ein Lächeln umspielte seine Lippen bei ihren Worten. Wie schön sie war..wie nachdenklich sie an der Kette zwirbelte, der Blick leicht in die Ferne gerichtet. "Ich fürchtete, du wärst längst verheiratet, Marian. Oder vielleicht verlobt. Wenigstens das." Aber sie war es nicht. "..oder bist du verliebt?" Wusste er, was sie dachte? Nein. Er konnte nicht von sich selbst auf sie schließen - das war vielleicht früher einmal so gewesen, aber diese Zeiten waren lange schon vorbei. Liebe. Robin hatte nicht gesagt "Ich liebe dich.". Das konnte er auch nicht. Diese Worte würden ihm wohl niemals über die Lippen kommen. Dafür war er zu sehr Robin. Er legte nachdenklich den Kopf schief. "Irgendein stattlicher Mann aus London vielleicht?" Er grinste jetzt schief. "Du kannst es mir ruhig sagen.. dein Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben."
Überrascht sah sie aus ihren Tagträumen auf. Verliebt? war sie verliebt? Die Frage konnte sie sich selbst schwer beantworten. Sie hatte 3 Wochen kaum etwas gegessen, fast jede Nacht leise vor Kummer geweint nachdem er abgereist war. Sie hatte ihre Eltern reden hören. Ihr Mutter hatte immer gesagt, das ihre Tochter an Liebeskummer leiden würde. War sie in Robin verlieb gewesen? Vielleicht ja. Doch war sie es jetzt? Das Leben hatte sie verändert, London hatte sie verändert. "In London? Warst du je in London Robin?" Sicher war er dort gewesen. Marian glaubte sich sogar düster daran zu erinnern, dass er in ihrer beider Jugend mit seinem Vater ab und an in London gewesen war. "London ist ein Vorort der Hölle.. zumindest war es das für mich." Unbewusst schlang die junge Frau den rechten Arm um ihren Oberkörper und presste den Kettenanhänger mit der linken Hand auf die Brust.
Er betrachtete sie nachdenklich, nickte. "Kann ich mir vorstellen.." Robin hätte sie in den Arm genommen, aber das hätte sie sicher nicht zugelassen - aus Angst, wieder einen Streit zu beginnen, tat er es also nicht. Nur ein schiefes Grinsen brachte er zustande; es war kein freches, fröhliches Grinsen.. nein, es war ein mitfühlendes, eines, das so nur ein schlechtes Gewissen zum Ausdruck bringen konnte. "Ich fand London aufregend. Groß. Natürlich..ich war ein junger Ritter auf der Suche nach Abenteuern, nicht wahr?" Er zuckte etwas unbeholfen mit den Schultern, unschlüssig, ob er wieder zu ihr kommen oder lieber doch verschwinden sollte.