"Aber Marian.." Stumm geworden stand er da, beobachtete, wie sie sich erhob, rührte sich nicht. "Du weißt, dass das so nicht stimmt..!" Falsch: Er wusste, dass er sich etwas vormacht.
Sie lächelte traurig und schüttelte den Kopf. "Warum sind wir dann hier? Warum sind wir nicht in einer kleinen Kapelle, irgendwo weit weg und heiraten, damit unser Kind kein Bastard wird? Warum sind wir dann hier, und nicht auf der Flucht nach Frankreich oder wohin auch sonst, mit allem was wir noch besitzen um dort als Familie zu leben?" Es war kein Vorwurf in ihrer Stimme, nur die bittere Erkenntnis eines zerbrochenen Traums. "Und weißt du was das schlimmste ist? Selbst wenn alles gut werden würde.. es würde sich nichts ändern. Weil du nun einmal Robin Hood bist.. und nicht mehr Robert of Locksley."
Robin schwieg. Was sollte er auch dazu sagen? Es..half ja nichts. Aber genauso wenig half es, es nun damit zu beenden.. "Also wie..verbleiben wir? Ich nehme an, ich..darf dich nicht besuchen?!"
Sie atmete tief durch und zuckte mit den Schultern. "Nein.. ja.. doch du darfst mich besuchen, aber wenn du noch einmal als Robin Hood auf mein Anwesen kommst, dann trift dich mein Pfeil. Ich muss an das Kind und meine Leute denken. Ich steh sozusagen unter Hausarrest." sie schüttelte den Kopf. "Aber warme Suppe, ein Bad.. und ein heimlicher Besuch in meinen Räumen, dafür steht dir meine Tür offen, wenn du.. dich nicht so dumm anstellst."
"Auf deine Almosen kann ich verzichten." Es klang schärfer als zuerst beabsichtigt. Aber im Nachhinein bereute er seine Worte nicht. Robin erhob sich nun auch, ging nicht weiter darauf ein, meinte nur: "Ich denke, ich gehe jetzt. Zurück in den Wald." Sarkastisch, aber resigniert klang es, als er das sagte. Und verletzt.
"Soll ich dich benachrichtigen lassen, wenn das Kind da ist?" es hatte weh getan und sie wirklich getroffen. Aber gut, wenn er es so wollte... "Willst du es sehen, bevor ich es weggebe?"
"Wie kannst du nur so reden?" Robin war fast lauter geworden. "Natürlich möchte ich es sehen. Es ist unser Kind. Dein Kind..mein Kind. Für was für einen Menschen hältst du mich inzwischen eigentlich, hm?"
"Für den Menschen, der du nun einmal geworden bist!" Wie konnte er so mit ihr reden! Er war es doch, der alles zerstört hatte, es war doch alles seine Schuld. "Du bist so Pflichtbewusst deinem König gegenüber, deinem Land gegenüber.. deine Liebe gehört deinem Land. Weder ich noch das Kind haben Platz in deinem Leben."
"Herrgott nochmal, Marian!" Er schüttelte nur müde den Kopf. Diese Diskussion hatten sie so oft geführt..und nie waren sie sich einig geworden. Es half einfach nichts mehr, darüber zu reden.. "Sag das seinem Bruder und dem Sheriff und Gisborne! Verdammt und sag das all den Menschen da draußen die hungern und meinem Vater, der unter der Erde liegt.. sag das den Bediensteten auf Locksley Manor, die ihren Herren verloren haben..! Ich habe mich nicht zu dem gemacht, der ich geworden bin. Das war das Leben, Marian." Robin stampfte auf, fuhr sich über die Augen. "Und ich liebe dich. Ich kann es nicht noch öfter sagen, als ich es tu und ich will es auch nicht mehr sagen. Und ich werde auch dieses Kind lieben. Aber von Luft und Liebe lebt es sich nicht gut. Soll dein Kind in so einem England aufwachsen, Marian? Voller Korruption, Gewalt und Willkür und Armut? Soll es das?"
Ausreden.. immer wieder diese Ausreden! "Tu nicht so, als hättest du keine andere Wahl gehabt! Du hättest eine andere Wahl gehabt, das weißt du... du hast dich selbst dafür entschieden. Niemand hat dich dazu gezwungen Leute zu überfallen und dich dem Sheriff entgegen zu stellen. Aber nein, du wolltest den Helden spielen. Du hast dich entschieden, aber dann steh auch dazu und akzeptiere meine Entscheidungen verdammt! Mein Kind WIRD in diesem Land aufwachsen und deine Versuche irgendwas zu ändern mögen den Leuten helfen, ja.. aber das einzige was dein Kind sehen wird ist, dass sein Vater am Galgen hängt, weil er den Helden spielen will.. muss.. was auch immer. Willst du DAS etwa deinem Kind antun? Mit anzusehen, wie der Vater stirbt? Ein Vater, der nie Zeit für es hatte, weil er durch den Wald rennen musste und Leute überfallen." sie schüttelte wütend den Kopf und sah ihn durchdringend an. "Und jetzt entschuldige mich, ICH will meinem Kind so ein Leben nicht zumuten, und ich glaube ich will auch nicht, dass du es je siehst."
"Gut..gut, dann geh mit deinem Kind und werde glücklich." Robin wartete nicht, bis sie fort war. Er ging ebenfalls, in die entgegengesetzte Richtung. Dann holte er sein Pferd aus den Büschen hervor und sitzte auf, um zurück zum Lager zu reiten. Seine Augen brannten und irgendwo in der Magengegend zog es ganz verdächtig.
Und da fragte er sie allen Ernstes, wieso sie es ihm nicht gesagt hatte? Er war ein Mistkerl.. nein ein dummer, kleiner Junge mit zu viel Stolz und..und.. Oh wie sehr sie ihn hasste in diesem Moment. Sie hatte doch recht.. er liebte sie nicht. Würde er sie lieben, dann.. dann wären sie nicht mehr hier. Sie strich über ihren Bauch, als sie endlich wieder zu Hause war, in ihrem Bett, abgetrocknet und wieder warm. Was sollte sie jetzt tun? Es gab 2 Möglichkeiten, die ihr einfielen. Die eine.. zu gehen, einfach zu fliehen, allen Schmuck und alles von Wert mitzunehmen und irgendwo ein neues Leben anzufangen, war schwer ohne Mann. Als Frau war sie kaum alleine geschäftsfähig und recht schutzlos.. Die andere wäre das Kind weg zu geben. Irgendwohin.. vielleicht in ein Kloster, wo niemand die Eltern kannte. Denn wie konnte ein Kind sicher sein, wenn der Vater ein gesuchter Verbrecher war?
Robin kam zurück, aber er wollte mit keinem reden, als er im Lager angekommen war. Auch nicht später. Rose zog ihre Schlüsse daraus und machte sich auf den Weg zu Marian.
John war es schließlich, der sich überhaupt in seine Nähe wagte, eine Flasche Weinbrand in der Hand und einen Teller mit Brot und Fleisch. "So und jetzt iss, trink und rede, sonst muss ich dich an den Haaren an einen Baum hängen, bis du wieder normal wirst."
Zuerst wollte Marian sie wirklich nicht sehen, aber man trickste sie aus und schickte Rose mit ihrem Essen zu ihr. Sie hatte sich im Bett verkrochen. "Du.. ich hätte es mir denken können." meinte sie seufzend. "Ich hab keinen Hunger..."
"Ich werde nicht mehr normal, John." Robin saß da und starrte auf das Feuer, bemerkte gar nicht, dass der große Mann ihm einen Teller Essen hinhielt. "Ich hab es ziemlich verbockt, weißt du. Es wird einfach nicht wieder gut.", murmelte er, griff nach einem Tannenzapfen und warf ihn in die Flammen.
"Das ist mir egal..du wirst trotzdem etwas essen.." Rose brachte ihr den Teller ans Bett. "War Robin bei dir?"