Sie drehte den Brief in den Händen und sah ihn an. Es tat weh, ein jeder Brief von ihm tat weh. Sie wollte ihn nicht einmal vor Rose lesen, bei dem letzten war sie fast in Tränen ausgebrochen. "Es geht mir gut." meinte sie halb ehrlich. "Ich werde langsam immer runder.. es ist seltsam, wenn man so seine Figur verliert." Sie vermisste Robin schrecklich und sie vermisste es auszureiten. Die meiste Zeit verbrachte sie in ihrem Zimmer oder ging spazieren.
"Und..spürst du schon was?", fragte sie, auch um die Freundin abzulenken. "Kann ich dir irgendwas Gutes tun?" Wie automatisch, ihrer alten Aufgabe immer noch folgend, war sie wieder aufgestanden, wuselte herum, räumte etwas auf, legte Wäsche zusammen.
"Ich weiß nicht.. manchmal glaube ich, dass ich irgendwas fühlen würde." sie zuckte mit den Schultern und sah Rose zu. "Willst du wirklich jetzt aufräumen? Du musst das nicht tun, eines der Mädchen kann es tun.." meinte sie leise und schämte sich, dass sie die Sachen nicht selbst weggeräumt hatte. "Und mir ist nicht mehr so oft übel, das ist das wichtigste. Aber erzähl, wie geht es dir?" sie nahm den Brief jetzt doch wieder in die Hand. Lesen und Tränen riskieren?
"Mir geht es..gut, denk ich.", meinte sie und sah an sich herunter. Der Alte hatte sie gestern gefragt, ob sie neuerdings mehr zu essen bekäme als sonst. Auch ihr Bauch war gewachsen. Nicht, wiel er etwas darin heranwuchs.. sondern weil sie mehr Stoff unter ihrem Kleid trug als nötig. Sie lächelte leicht, sah Marian sanft an. "Ich tu es gern..es macht auch deinen Kopf freier, wenn es ordentlich ist.. willst du.." Sie sah auf den Brief. "..ihn jetzt lesen? Soll ich runter in die Küche gehen?"
Sie lächelte tapfer. "Ich weiß nicht.. da bist du extra her gekommen und ich beschäftige mich nur mit diesem Brief.. aber.. es wäre wirklich sehr schön wenn ich ihn lesen könnte. Du bist so lieb zu mir Rose! Lass dir ja ein extra großes Stück Kuchen oder so geben!" Erst als Rose wirklich weg war öffnete sie vorsichtig den Brief
'Marian. Und wieder ein Brief an Dich und wieder keine Antwort von Dir. Aber Du kennst mich, ich bin von Natur aus ein Kämpfer und eine Nervensäge. Ich halte das noch lange so aus, glaub es mir. Und falls Du denkst, Du könntest erreichen, dass ich Dich vergesse, dann hast Du Dich geschnitten.. ich..ich vermisse Dich jeden Tag mehr, Marian. Es ist nicht viel mehr als ein Monat aber du fehlst mir so sehr. Ich möchte Dich umarmen, deine Stimme hören, deine Hand halten..dich riechen, fühlen, sehen, küssen.. Ich möchte Dich bei mir haben. Nicht nur hier, jetzt, sondern für immer.. Was gäbe ich dafür, wenn es so einfach wäre, wie es nur in den Liedern ist, die Allan für uns singt..oh Marian, was machen wir nur? Wo soll es noch hinführen? Ich..'
Robin hatte viel geschrieben. Seine Handschrift war so flink und selbstbewusst wie sein sonstiges Gebärden und Verhalten, aber seine Worte waren ungeschickter und emotionaler als sonst. Er vermisste sie wirklich.
Es war gut, dass Rose nicht im Raum war. Diesmal schaffte Marian es nicht sich zurück zu halten, heiß und nass flossen die Tränen über ihre Wangen, auch wenn sie versuchte sie weg zu wischen. Manchmal hoffte sie wirklich, er würde sie einfach vergessen, doch spätestens, wenn eine Woche vergangen war brachte ihr Rose einen Brief mit. Und jedes Mal tat es mehr weh, weil sie sich vorgenommen hatte nicht zu antworten. Vielleicht vergaß er sie ja.. vielleicht verliebte er sich in ein Bauernmädchen, mit dem er wirklich glücklich werden konnte. Sie würde das Kind aufgeben und sie würde Robin aufgeben.. Vielleicht war diese gezwungene Pause das beste, was passieren konnte, aber es tat so weh. Er fehlte ihr schrecklich und wäre Rose nicht, wer wusste, ob sich die Lady dann noch jeden Tags dazu zwingen würde aufzustehen, zu Essen und zu Trinken, damit das Kind genug hatte um zu wachsen. Weinend lag sie auf dem Bett und drückte den Brief an sich, als wäre es Robin selbst.
Als Rose wiederkam, war sie noch immer in ihrem Bett. "Oh Marian..", murmelte sie und stellte den Kuchen und Tee ab, die sie mitgebracht hatte. "Es ist doch nicht für immer.." Sie setzte sich zu ihr.
Schniefend wischte sie sich eine Träne aus dem Augenwinkel. "Ich tu ihm so weh Rose.. er leidet. In jeder Zeile lese ich seinen Schmerz. Aber wenn ich ihm antworte dann.. es ist doch besser so oder? Wenn er weit weg ist und nichts von mir hört, dann wird er nicht her kommen.. weniger leiden. Es sollte für immer sein, weißt du? Ich denke wieder jede Nacht darüber nach, ob es nicht das beste wäre, wenn ich das Kind zur Welt bringen und weggeben würde.. nicht dir, sondern weit weg, irgendwo hin wo ich es nie wieder sehe. Dann bitte ich Guy of Girborn mich zu heiraten und breche Robin das Herz... es wird ihm weh tun, aber danach wird er sich wieder ganz auf seine Aufgabe konzentrieren, und nichts dummes tun nur um mich zu sehen.." Marian litt nicht weniger wie Robin unter der Trennung, jede Nacht quälten sie Alpträume, besonders wenn das Wetter schlecht wurde. Robin, der gefangen genommen wurde, der bei einem Überfall starb. Robin, der im Fluss ertrank, von einem Baum erschlagen wurde oder durch einen Waldbrand ums Leben kam.. Auch dem Kind hatte sie noch keinen Namen gegeben, nicht einmal in ihren Gedanken. Es war immer nur das Kind ein namenloses Etwas, das in ihr wuchs. Selten nur erwischte sie sich dabei, wie sie liebevoll über den Bauch strich. Sie vermied es wo sie nur konnte das Kind lieb zu gewinnen.
(wie alt ist das Baby denn jetzt? 4. oder 5. Monat? so ab Mitte des 5. kann man es fühlen )
Rose seufzte leise, ebenfalls traurig. "Aber Marian..das kann doch nicht die Lösung sein.." Eine ganze Weile redeten die beiden und Rose tröstete sie, strich sanft durch ihr schönes Haar.
Marian genoss es jemanden zum Reden zu haben. Und schließlich nahm sie Feder und Papier zur Hand und setzte sich an den Tisch. "Ich schreib ihm ein paar Zeilen, damit er weiß, dass es mir gut geht." hatte sie beschlossen und setzte an:
"Mein Liebster, jedes Mal wenn du mir schreibst, weiß ich nicht, ob ich glücklich sein soll, oder Tränen vergießen. Ich vermisse dich unendlich, aber meine Freiheit fehlt mir genau so. Ich hoffe, wenn ich mich lange genug ruhig verhalte, dann kann ich bald wieder ausreiten. Wir können beide nicht nur an uns denken, wir müssen an England denken. Solange ich in Ungnade gefallen bin kann ich den Leuten kaum helfen, darum müssen wir es noch eine Weile ohne einander aushalten. Aber jede Nacht, wenn ich zum Mond sehe, dann weiß ich, dass du irgendwo da draußen bist und den selben Himmel mit dem Selben Mond betrachtest...
Rose schaute ihr nicht über die Schulter. Sie sah raus aus dem Fenster, wo aus Frühling langsam wieder Sommer wurde, während Hoods Männer die Reichen ausnahmen, um den Armen zu geben.
Gut verpackt gab sie ihr den Brief schließlich. "Ach Rose.. wieso muss so etwas nur passieren? Es ist alles so schrecklich..kompliziert." seufzend setzte sie sich zu ihr. "Ich wünschte.. ich hätte es ihm damals schon gesagt.. bevor er ging.."
"Ich kann ihm garnichts sagen.. ich fange an fett zu werden.. schau dir das an! Dieses Baby verunstaltet meinen ganzen Körper. Ich bin froh wenn.... oh...OHHH!" plötzlich, mitten im Satz brach sie ab und starrte Rose mit großen Augen an. Eine kleine Tränen traten in ihre Augen und sie legte die Hände auf den Bauch. "Oh..oh Rose, ich.. ich kann es fühlen! Es.. das Baby.. MEIN Baby hat sich gerade bewegt!"