Einen Moment lang betrachtete er sie mit einem Lächeln, dann hakte er sich bei ihr unter und bugsierte sie behutsam nach links, die prächtige Einkaufsstraße hinunter. "Ist gut. Wir werden in die Zoohandlung gehen.." Es roch wundervoll an diesem späten Nachmittag; nach Sommer und Blumen und feinem Seewind, frisch von der Nordsee hierhergetragen. Und nach Gemüse und Obst; ein süßlicher Duft, der vom Markt her hinüberwehte. Und noch ein wenig rauchig vom Feuer am Vortage. Alles zusammen, alles gelichzeitig. Genau das war London. Sein Blick streifte die Häuserdächer, ging die Straße entlang, ehe er wieder auf ihr ruhte. Er konnte doch nicht fort! Nicht jetzt, nicht hier, nicht in den nächsten Tagen. Er konnte sie doch nicht allein lassen, jetzt, wo es gerade besser zu werden schien und.. Liam presste die Lippen hart aufeinander, während sie neben ihm herhüpfte und lachte und erzählte und sich umsah und schnupperte. Das Schiff lief am Sonnabendmorgen aus. Wenn es nach seinem Vater ginge, dann mit ihm. Ach scheiße.
Sonnabend..Sonnabend! Alice musste lächeln bei dem Gedanken an den Tag. Ihre große Feier, ihr Geburtstag, das tolle Kleid, das sie hatte anfertigen lassen! Es würde alles wundervoll werden! Und sie würde glücklich in Liams Armen liegen und mit ihm tanzen! "Ja komm, ein ganz niedliches kleines, dass sich an mich schmiegt."
Ja, das war das zweite Problem. Er würde nicht mitgehen können. Nicht mit diesem Schiff. Das würde sein Vater wohl noch einsehen. Aber das nächste, das übernächste? Spätestens Ende nächster Woche war er sicherlich auf dem Weg ans andere Ende der Welt. "Und wie wirst du es nennen?" Er unterdrückte ein Seufzen, als der Laden in Sicht kam.
Sie grinste frech. "Wie wäre es denn mit Liam? Denkst du das würde passen?" sie kicherte "nein ich denke der Name wird mir erst dann einfallen, wenn ich es sehe." die Vorfreude auf das kleine Tier lies sie endlich wieder gute Laune haben
Er nickte leicht. "Klingt nach einer sehr weisen Entscheidung." Eine kleine Glocke bimmelte, als sie das Geschäft betraten. Schnattern und Rascheln in allen Ecken.
Auf den ersten Blick war einfach alles niedlich, was hier war. Besonders erweckter der bunte Papagei die Aufmerksamkeit der jungen Frau, die grade hier in mitten all der Tiere eher wie ein Kind wirkte. Er war herrlich bunt und lies ein paar üble Schimpfwörter von sich, als Alice näher kam. Der Verkäufer eilte heran und entschuldigte sich für den Vogel und erklärte, dass er ihn von einem Seemann hatte und das Tier sich dessen herbe Ausdrucksweise angeeignet hatte. Danach zeigte er Alice und Liam alle möglichen kuschligen und plüschigen Tierchen. Alice grinste trotzdem jedes Mal, wenn der Vogel anfing zu schimpfen.
Liam bedachte den Vogel mit einem schmalen Grinsen. George hätte sich inzwischen wahrscheinlich halb tot gelacht.. "Der scheint dir zu gefallen, hm?" Seefahrervogel. Hafen. Meer. George. Liam glaubte, nein wusste, spürte, dass sie ihn nie vergessen können würde. Er würde immer ein Teil des Ganzen sein. Aber was dachte er da überhaupt? Es schien ihm so grotesk, sich Gedanken über eine gemeinsame Zukunft mit Alice zu machen.. dieser fröhlichen, ein wenig kindlichen, aber ehrlichen, herzensguten, wunderbaren, wunderschönen Alice.. die so anders war als er, Liam - ernst, bodenständig, vielleicht ein wenig langweilig, selten lachend anzutreffen, manchmal gar leicht melancholisch.. Und sie würde zurück nach Australien gehen. New South Wales war ihre Heimat, die seine war London. Nicht, dass er im Laufe seines Lebens, seiner, wie sein Vater es gern nannte, Karriere viel Zeit in der Stadt verbringen würde, in der seine Mutter ihn geboren hatte. Vielleicht würde er noch öfter in der Heimat seines Vaters, den Niederlanden, anzutreffen zu sein. Vor allem aber würde er reisen. Und Alice? Sie passte doch gar nicht zu ihm. Naja, schon - aber nicht, wie ein Mädchen, eine Frau zu einem Jungen, einem Mann passen sollte. Bruder und Schwester, ja so waren sie. Und egal was sie sich vormachte - sie liebte George. Das wusste Liam. Er hatte es gesehen in ihren Augen, hatte es schmerzlich zu fühlen bekommen bei ihrem Anblick, als sie so dasaß am Wasser, völlig aufgelöst und von sich selbst entsetzt. Das einzige, das ihn ein wenig tröstete, war, dass George sie genauso wenig haben würde können wie er selbst. "Oder was halten Sie von diesen Hündchen? Sie sind aus gutem Hause, ich habe die Mutter selbst aufgezogen. Reine Tiere natürlich, Mischlinge bekommen Sie hier nicht..", riss der Ladenbesitzer, ein gemütlicher, leicht untersetzter Mann Ende dreißig, Liam aus seinen Gedanken - auch wenn er die junge Miss meinte und nicht seine stille Begleitung. Er hob einen kleinen Welpen auf seinen Arm, der aus aufgeweckten Augen zu Alice sah und leise bellte. Sein Fell glänzte bronzefarben wie die Abendsonne auf der Themse.
Die Tiere waren so niedlich, am liebsten hätte sie alle mitgenommen, die Kätzchen mit den großen Augen und die Hündchen, die ihr die Finger leckten. Und der Vogel, der sie immer wieder zum Schmunzeln brachte. Er erinnerte sie an George, der immer versuchte sich gut zu benehmen, wenn sie in der Nähe war. Aber eigentlich war er eben ein Hafenarbeiter. „Oh Liam ich kann mich nicht entscheiden! Ein Hündchen oder ein Kätzchen? Sie sind alle so niedlich.“ Sie sah zu ihm und lächelte, als sie ihn mit dem kleinen Hund sah. „Er sieht irgendwie aus wie du. Wie passend!“
"..wie ich?" Liam hielt den Welpen ein wenig von sich weg, um ihn besser betrachten zu können. Da schaute er ihn an, mit seinen treuen Hundeaugen, die Hinterläufe in der Luft hängend. Liam musste leise lachen. "Ich sehe keine Ähnlichkeit, aber ich mag ihn, denk ich. Und er könnte auf dich aufpassen, wenn er groß ist. Ein Kätzchen kann das nicht. Die sind sehr eigenwillig." Er wollte ihr da nicht reinreden. Es war ihre Entscheidung. Aber der Hund gefiel ihm wirklich.
"ja er ist sehr süß.. aber meintest du nicht eher ein Kätzchen? Eventuell musst du ihn behalten, wenn... ich nach Hause.. du weißt schon. Er ist echt sehr niedlich. Ich denke ich nehm ihn! Er ist einfach zu süß! Ich nenne ihn..hm L..L..liroy?" sie lachte "nein.. vielleicht nenne ich ihn Leo?"
Es wurde ihm ein wenig eng ums Herz, als sie ihre Abreise erwähnte. Wann würde das sein? Aber er meinte nur: "Egal welchen Namen du ihm gibst, wir werden uns schon anfreunden." Er setzte den Hund wieder auf dem Boden ab, der sich zu Alice kuschelte. "Leo find ich aber nicht gut. Klingt wie Löwe und er ist ja ein Hund." Der Zoohändler hatte sie inzwischen diskret in Ruhe gelassen und kümmerte sich um einen anderen Kunden, während die beiden eine Entscheidung trafen.
"..ich bin Widder." Er betrachtete den Hund klang ein wenig nachdenklich. "Aber ich halte nicht viel von sowas. Astrologie! Das ist für mich keine wirkliche Wissenschaft, ich meine.. es ist auch nur so was wie Kartenlegen und Wahrsagen, nur auf höherem Niveau, nicht wahr?" Liam legte den Kopf schief, aber als er sie wieder ansah, meinte er: "Hm, vielleicht ist er doch ein kleiner Löwe."
"hm Widder..." sie legte den Kopf schief und überlegte "Aries heißt widder.. vielleicht wäre das ein Name?" sie musterte den Hund "nein es passt auch nicht. Ich bin für Leo! Ein kleiner Löwe.. so wie du. Der einsam irgendwo im schatten liegt und so lieb gähnt.. und jemanden braucht, der ihn streichelt!"
Liam lächelte schmal, seine Hand strich leicht über ihren Rücken. "Ach Alice! Du hast Vorstellungen von mir.." Der Hund bellte leise. "Gut, Leo also. Also Leo, möchtest du mit uns kommen?"